Samstag, 26. September 2015

Wolf Hamm: Literatur auf Hundepfoten: Frisch zu Fuß



Neunter Tag
Es ist passiert! Plötzlich ist er aufgetaucht, heute, am vorletzten Tag. Ich hatte Mira am Vormittag schon so weit, dass sie wieder mit mir schnauzelte, da brachte eine Frau ihren „Herrn Wuffi“ – sie schämte sich nicht, ihm so zu rufen - zur Gruppe mit. Mira lief spfort zu ihm über. Das war es dann für mich. Dieser „Herr Wuffi“, das hat dann Vaclav Auguste erzählt, war Sieger des männlichen Welt-Schönheitswettbewerbs aller kleinwüchsigen Rassen. „Das Frauchen ist dann auch noch Jurymitglied für den die Miss World-Wahl. Das weiß natürlich Mira.“ Ich schlich mich in den Wald über Zlom, jagte ein paar Rehe, biss in dünne Baumstämme, bis mein Zahnfleisch blutete, heulte mit den Krähen um die Wette und war zum Mittagessen in Mantov. Was hatte ich für einen Hunger! Die Liebe zu Mira hatte mir den Magen verklebt. Mira war jetzt aus mir herausgebellt.
Erleichtert wandelte ich zum Kloster Chotěšov. Durfte es nicht betreten. Nach beinahe zwei Stunden – im Kloster fand auch noch die tägliche Lesung statt -, schlenderten eng umschlungen Auguste und Vaclav durch die Klosterpforte. Bei ihnen scheint es besser zu klappen als bei mir.
Es war ein abenteuerliches Gelände. Beinahe Ruinen, aber mit einem neuen Dach. Abenteuerspielplatz. Ein Ort für Gespenstergeschichten. Mir reicht mein Gespenst namens Mira.
Aber ich hatte ja Mira schon völlig vergessen! Oder?
In Plzen-Doudlevce musste ich vor Augustes Tür schlafen. Warum nur? Vaclav durfte ja auch rein! Schläft wohl in meiner Betthälfte.
Ich bin so allein, in dieser schweren Stunde: „O Mira, meine Sehnsucht …“

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