Achter Tag
O je! Irgendetwas muss
ich gestern falsch gemacht haben. Als Mira mich sah, drehte sie sich weg und
schloss sich demonstrativ einer anderen Gruppe an. Wenn ich mich ihr näherte, lief
sie weg. Was hab ich nur falsch gemacht? Sind solche Hündinnen so empfindlich?
Was ist sie überhaupt für eine Rasse? Ist mir doch gleich. Ich liebe sie!
Zweimal hat sie mich weggebissen.
Und Auguste nervte
auch. Sie las doch heute ihre Gedichte vor und Vaclav hat sie übersetzt und auf
Tschechisch vorgetragen. Den halben Weg von Chudenice nach Merklin sagte sie
immer wieder ihre Gedichte auf. Ich kann sie schon auswendig. Vaclav tröstete
sie: „Du hast wunderbare Bilder gefunden. Deine Sprache glitzert wie ein Rubin?
Deine Seele zeigt sich in dieser Zeile von edler Größe.“
Ich sah vor meinen Augen
Auguste direkt zerschmelzen vor Glück über die Worte.
Am Nachmittag trottete
ich dann einsam nach Merklin hinein, gemieden von Mira. Von Vaclav und Auguste
zog ich mich zurück, wie die Schicklichkeit es fordert. Denn sie verschwanden
ab und zu im Wald, um zu üben.
Fünf Minuten vor Beginn
ihrer Lesung: großes Theater. Ganz ruhig sagte die Lyrikerin: „Ich lese nicht.“ Ich
bellte ihr Ermutigung zu. Trotzdem: Vier Minuten vor Beginn: „Nein, ich lese
nicht. Die lachen mich doch nur aus!“ Vaclav sank auf die Knie: „Sie werden
dich anbeten!“ Trotzdem: drei Minuten vor Beginn. „Ich lese nicht. Die buhen
mich doch nur aus!“ Die Leiterin der Wanderung sagte nur. „Du hattest doch
immer Erfolg. Und dieses Theater hattest du doch schon bei der letzten Lesung
in Regensburg gemacht. Jetzt komm!“ Man zog und schob sie zum Pult. Dort stotterte
Auguste den Beginn zusammen.
Und plötzlich war sie
wie verwandelt: Sie lockte mit ihrer Stimme die Aufmerksamkeit der Zuhörer auf
sich, sie führte sie von Gefühl zu Gefühl, von Problem zu Problem, von Wort zu
Wort –
und hatte einen
rauschenden Erfolg.
Ich weniger. Man holte
meine Schlafdecke aus ihrem Zimmer und legte sie in den Vorraum des Hotels.
Keine
Gute Nacht!
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