Dienstag, 22. September 2015

Wolf Hamm: Literatur auf Hundepfoten: Frisch bergan



Vierter Tag
Mein erster Gedanke heute: „Mira. Mira ammirabilis“. Hab mal Latein gelernt. Sofort war ich hellwach. Die Tante Auguste stupste ich aus dem Bett: Jetzt jammerte sie auch etwas von Schmerzen in den Knien. Ich wollte raus, zu Mira. Da sah ich sie. Anmutig markierte sie einen Strauch. Ich gleich daneben. Wie es mir ginge, wollte sie wissen. Ich konnte nur seufzen. Dann kam ihr Herrchen und führte sie weg. Mein Frühstück fiel aus: Liebesweh!
Nur sechzehn Kilometer heute. Wenn die Tante Auguste nicht so viel reden würde! Sie erklärte dem Herrchen von Mira, dass ihre Knie zwar sehr schmerzhaft seien, aber: „Ertragen von Schmerzen erhöht die Weisheit und die literarische Produktivität.“
Mira und ich ließen die beiden allein und tollten um den Großen Rötelseeweiher. Was für eine Hündin! Elegant und energisch, zart und zupackend, sanft und schlagkräftig. Dann mussten wir uns trennen. O Schmerz!
Fröhlich kam Auguste von der Abendlesung zurück; muss lustig gewesen sein. Sie schwärmte von einem Komponisten, einem Sänger, eigentlich von allen, die da waren. Oh, wäre ich nur so glücklich wie die!
Mira, meine Liebe, meine Gefühle für dich machen mich stumm. So erlebe ich, was Lord Chandos schrieb. Meine Sprache ist mir durch dich in Cham abhandengekommen. Nur Seufzer entringen sich meiner Brust. Die Leiden des jungen Wastl Grantinger. Soll ich diesen Roman schreiben?
Vier Stunden lag ich nachts vor einem leeren Blatt Papier, um wieder ein Gedicht für Mira zu schreiben.
Immer nur schrieb ich das Wort „du“ hin.

Du Du Du Du Du Du Du Du Du Du Du Du Du Du


Ich

Das reimt sich auch gar nicht. Papierkorb!

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen